Montag, 30. März 2009

"Wogegen demonstrieren wir noch mal?"

Fast schon ein bisschen surreal haftet einem der letzte Samstag im Gedächtnis, an dem es doch tatsächlich so unverschämt warm war, dass man nach langem wieder einmal erwog freiwillig und ohne triftigen Grund nach draußen zu gehen, frei von der Angst als nächster Ötzi unter einer Schneewechte in der wiener Innenstadt zu enden. Surreal vermutlich deshalb, weil das Quecksilber gleich am Sonntag einen Köpfler vom Zehnmeterbrett wagte und uns mit Regen und Kälte für den einen Tag büßen ließ.
Am Samstag jedenfalls war die Welt noch in Ordnung, die Temperaturen noch versöhnlich und meine Motivation ein wenig in der Innenstadt zu flanieren ungebrochen. Ich verabredete mich also mit guten Freunden auf einen feudalen Plausch auf der Terrasse des Palmenhauses im Burggarten. Dass man sich andererorts auch verabredet hatte, merkte ich als mir am Neuen Markt eine blau-rote Blechlawine im Schritttempo mit Blaulicht entgegenrollte. Meine ersten Vermutungen "Polizeipicknick am Stephansplatz" oder "Verspäteter Umzug der Faschingsgilde Wien" wurden zerstreut, als ich in dem Meer von Uniformen etwa 70 langhaarige Sandalenträger bemerkte, die ich aufgrund der zeitlosen "Nur Schlampen tragen Pelz"-Transparente dem Tierschutz zugehörig vermutete, eben todesmutig flankiert von grob geschätzt 300 Beamten der Exekutive. Relativ friedlich aber von sichtlichem Misstrauen durchwachsen schritt die Prozession an mir vorbei Richtung Stadtzentrum. Die Fantasien, die mir durch den Kopf schossen, als mir vor der Albertina zwei Damen entgegen stolzierten, in Pelzmäntel gehüllt, für die der Tierpark Schönbrunn einmal leergeschlachet worden sein musste, brauche ich hier, denke ich, nicht weiter erörtern.

(Die ganz Fantasielosen stellen sich jetzt einfach selbige zwei Damen von wildgewordenen Tierschützern mit Farbkübeln und Spraydosen gehetzt vor, das käme ungefähr hin.)

Beim Erreichen der Terrasse hatte ich gar nicht die Gelegenheit über die Menschenmassen, die jene belagerten zu staunen, denn vom Ring her hallten wuchtig die Kriegstrommeln gepaart mit gutturalem Geschrei, dass einem Angst und Bange wurde. Die Orks vor den Toren Wiens? Die Stadt dem Untergang geweiht?
Nein, lediglich eine weitere Demonstration gegen die Wirtschaftskrise, beruhigte mich Uli. Nachdem man ihrer anscheinend sonst nirgends habhaft werden hatte können, suchte man jetzt fieberhaft auf der Ringsstraße nach ihr um sie letztendlich ihrer gerechten Strafe zuzuführen.
Die Stimmung in trauter Runde bei Kaffee und Sacherwürstel war zwar ausgelassen aber doch etwas getrübt vom nahenden Schlachtengetümmel und Kriegstreiben und während Chrissi besorgt meinte, man solle doch die Palastwache rufen, um die Tore des Burggartens vor dem heranstürmenden Pöbel zu verriegeln, warf David ein, dass es schon einmal geil wäre so einen wilden Mob aus der Nähe zu sehen. Mir persönlich war beim Gedanken von wütenden Gegnern des Kapitalismus mit einem Trüffelrisotto und einem Glas F.X. Pichler Smaragd inflagranti erwischt zu werden nicht allzu wohl, also trank man aus, aß auf und entschwand durch den Hintereingang. Beim anchließenden Spaziergang durch die Kärntnerstraße drängte sich mir vorallem eine Frage auf: Bei scheinbar optimalem Demonstrationswetter,der dadurch bedingten regen Beteiligung und dem prall gefüllten Portfolio an Gründen an eben so einer teilzunehmen...was tat man, wenn nun zwei verschiedene Demonstrationen aufeinander trafen? Gab es Vorrangregeln je nach Dringlichkeit der Agenda? Wurde um den finalen Kundgebungsort geknobelt? Oder bekämpfte man einander unerbittlich bis zum Tode?

Vorrausgreifend darf ich dozieren: mitnichten.
Am selben Abend wurde mir von einem Szene-Insider erklärt, man fusioniere in diesem Fall einfach. Meine Bedenken, dass das doch ideologisch zuweilen zu Problemen und Unstimmigkeiten führen könnte, verhallten jedoch ungehört. Na gut.

Man möge mich jetzt aufgrund meiner Erzählung für einen unsozialen Schnösel halten, jedoch bin ich mir des Luxus des Rechts auf Demonstrationen und ihrer Wichtigkeit sehrwohl bewusst. Und seid euch sicher, wenn es das nächste Mal heißt "Schwule Neonazis gegen Legebatterien" werde ich dort sein und fragen:
"Hallo, worum gehts? Ich bin dagegen!"

Donnerstag, 12. März 2009

Das faschierte Laberl des Bösen


Irgendwann musste es ja mal passieren...
Man bestellt beim Spar an der Fleischtheke nichtsahnend ein halbes Kilo Rindsfaschiertes und begibt sich damit in Teufels Küche! Im wahrsten Sinne des Wortes. So geschehen heute, als mir der unscheinbare Feinkostbeauftragte meiner Sparfiliale mit sicherem Griff exakt 666 Gramm österreichisches Qualitätsrindviech auf die Waage schleuderte. Mit einem diabolischen Grinsen fragte er noch schelmisch "obs eh passt", woraufhin ich mit einem knappen "Ja" meine unsterbliche Seele für 5,32€ verpfändete. Es folgte noch ein beiderseits konspiratives Kopfnicken und gerade als ich mich genötigt fühlte ihn zu fragen, ob ich formalerweise noch irgendwo mit Blut zu unterschreiben hätte, löste sich der Feinkostbeauftragte unter fürchterlichem Gelächter in Rauch auf...

Naja...eigentlich nicht. Aber, dass er sich höflich verabschiedete und dem nächsten Kunden zuwandte passt mir als Ende meiner kleinen Anekdote nicht ganz. Und da sitze ich jetzt, völlig seelenlos und mein einziger Trost bleibt die Hoffnung heute eine teuflisch gute Sugo zu kochen.

PS: beim Kochen werd ich wahrscheinlich dieses Lied hören.

Montag, 9. März 2009

Die Liftfahrt zu Babel

Neulich in einem Lift im AKH:

Ich stehe teilnahmslos in der Kabine und starre auf die aufflackernden Zahlen der Geschoßanzeige. Hinter mir unterhalten sich zwei Burschen im breiten wiener Dialekt über Dinge, die ich höflicherweise überhöre. Der Lift bleibt stehen, es steigen ein Mann asiatischen Aussehens - ich schätze grob japanisch - und eine blonde Frau westlichen Phänotyps zu. Die Dame ist hochschwanger und der asiatisch anmutende Herr anscheinend der zugehörige Lebensabschnittspartner. Sie halten Händchen und unterhalten sich auf Französisch. Ich denke so bei mir, dass das Pärchen mal eine willkommene adrette Abwechslung zu den drogenabhängigen 14jährigen Müttern in spe ist, die mit einer Zigarette im Anschlag und Tunnelblick normalerweise zusteigen.
Ich lausche ein bisschen der Konversation der beiden, muss aber feststellen, dass mein Französich doch schon etwas eingerosteter ist, als ich dachte. Ein paar Stockwerke weiter oben steigt das Pärchen aus. Als die Lifttür sich schließt, klopft der eine der beiden wiener Burschen dem anderen an die Schulter und meint:
"Herst oida, kinäsisch is scho a geile Sproch, gö?"
Ich muss schmunzeln...